Hier stellen wir einige der von uns auf der Sardinien-Reise besuchten Weingüter vor. Sardinien ist voller Geheimnisse und Überraschungen. Das gilt auch für den Wein. Jeder kennt den wunderbaren Vermentino di Gallura und viele haben auch schon einen der charakterstarken Cannonau getrunken. Aber nur die wenigsten haben von den spannenden autochthonen Rebsorten Granazza oder dem Vernaccia gehört (der wiederum nichts mit dem Vernaccia di San Gimignano zu tun hat).
Verwunderlich ist all das nicht, denn Sardinien war schon Weinlieferant des alten Rom und hier hat man eine tausendjährige Wildrebe und jahrtausendealte versteinerte Weinkerne gefunden. Diese recht neuen Funde scheinen sogar die ganze Geschichte europäischen Weinbaus zu widerlegen! Die besagt, dass sich die Kultur vom vorderasiatischen Raum über das Mittelmeer ausgebreitet hat. Sie war längst hier – jedenfalls auf Sardinien.
Ihr dürft also gespannt sein und auf einige Überraschungen und so manche unerwartete Neuentdeckung (auch) in Sachen Wein auf Sardinien freuen!
Kellerei Contini in Cabras
Der Name Contini war und ist in der Weinwelt stark mit dem Vernaccia di Oristano verbunden. Contini gilt bis heute als „Spitzenerzeuger“ dieses außergewöhnlichen Weins. So steht es jedenfalls seit Jahrzehnten im „Der große Johnson“, der wohl wichtigsten „Enzyklopädie der Weine, Weinbaugebiete und Weinerzeuger“ der Welt. Die Konzentration auf den Vernaccia di Oristano, der die Weinbauregion am unteren Lauf des Flusses Tirso lange prägte, begann schon früh. Firmengründer Salvatore Contini gewann im Jahre 1912 für seinen Vernaccia di Oristano eine Goldmedaille auf der Esposizione Internationale del Lavoro in Mailand.
Sein Sohn Attilio trieb die Produktion und den Vertrieb dieses Ausnahmeweins weiter voran. Er hat vom Ende der dreißiger bis in die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts die Weinkellerei geführt und groß gemacht, und zwar „mit starker Hand“, wie die Familie sich heute noch erinnert. Danach prägte in der dritten Generation Paolo, der jüngste der drei Söhne Attilios, das Gesicht der Cantina.
Paolo Contini gestaltete den teils schwierigen Übergang zu einem breit aufgestellten und international agierenden Weingut. Denn seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts wandelten sich Weingeschmack und Trinkgewohnheiten deutlich. Die Nachfrage nach Vernaccia di Oristano ging stark zurück. Deshalb nahm die Cantina auch die zweite autochthone Rebsorte der Gegend, die rote Nieddera-Rebe, in den Focus. Aus ihr waren bis dahin vor allem einfache Alltagsweine hergestellt worden. Contini entwickelt daraus als erste Kellerei moderne Weine hoher Qualität. Die Cantina nahm auch Vermentino- und Cannonau-Weine in ihr Programm auf. Und sie schuf auf der Basis der früh gelesenen Vernaccia-Rebe einen modernen Weißwein, den Karmis, der am Markt extrem erfolgreich wurde.
Stefano Soi
Eines der spannendsten Weingüter auf unserer Sardinien-Reise…
Stefano Soi verbrachte seine Jugend auf einem prächtigen toskanischen Landgut, das seinem Onkel Gino, dem Bruder seiner Mutter aus der Toskana, gehörte. Dort konnte er den Weinbau in all seinen Phasen erleben, vom Weinberg bis zum Keller. Zurück in Sardinien, seiner väterlichen Heimat, in Nuragus, will er mit seiner Frau Evi und dem Hund Lillu das Projekt eines eigenen Weinguts in den Fußstapfen seines Großvaters Efisio verwirklichen. Ein Großvater mit einem großen Schnurrbart aus dem neunzehnten Jahrhundert und strenger Haltung. Einer der ersten Önologen der sardischen Schule, der sein ganzes Leben lang Agronom der nahe gelegenen Strafkolonie von Sarcidano und Castiadas war.
Stefano Soi, eigentlich Architekt von Beruf, hat seinen Traum verwirklicht und beim Bau des Kellers die gleichen Materialien verwendet, die er bei seiner Arbeit zur Sanierung der historischen Zentren der Insel verwendet: Stein, Holz, Stahl, Schafwolle und Kork. Heute ist die von Stefano geführte Soi-Kellerei eine kleine Weinkellerei und eine Lehrfarm. Die Reben sind auf nährstoffreichen Böden gepflanzt, die es den Pflanzen ermöglichen, auch in Trockenkultur nur sehr langsam tiefe Wurzeln zu entwickeln. Kostbar die Herstellung eines Weins aus der einheimischen Nuragus-Rebe, die der Stadt ihren Namen gibt.
Hier lernen wir einen spannenden Menschen kennen, der seinen Traum lebt.
Atha Ruja bei Dorgali
Südlich der weltberühmten Ferienorte Sardiniens, liegt das Weingut Atha Ruja, etwa 6 km im Hinterland von Dorgali. Gegründet wurde es vom Ehepaar Pietro Pittalis und Annita Salis in den 90er-Jahren.
Welche Akribie und Leidenschaft Pietro in das Weingut steckt, merkt man erst, wenn man ihn selbst vor Ort erlebt hat. In den Rebgärten wurde hauptsächlich die Sorte Cannonau, sowie in kleinen Teilen Carignan und Muristellu angebaut. Versuchsweise wurden auch kleine Mengen der Sorten Cabernet Franc, Petit Verdot und Syrah angepflanzt.
Die Visitenkarte ist aber die Cannonau-Traube, die wichtigste Rebsorte Sardiniens. Als oenologischer Berater fungiert Marco Bernabei, Sohn des berühmten Franco Bernabei, der mitunter auch für den äusserst reintönigen und frischen Weinstil verantwortlich ist.
Die Verkostung mitten in den Weinbergen ist ein besonderes Erlebnis.
Weingut Donna Lina in Orosei
Etwas ausserhalb des sehenswerten Örtchens Orosei liegt dieser kleine Agriturismo, der auch einige bodenständige Weine herstellt. Interessant ist der frische Rosé, hergestellt aus Cannonau und Syrah, aber auch der rassige sortenreine Syrah ist ein Genuss.
Wir erleben diese Weine hier im familiären Umfeld, nach einer Wanderung am Meer, mitten zwischen den Weinreben.